Impuls zum 23. Juli 2023
Von Veronika Hüning (Höhbeck im Wendland), pax christi Diözesanverband Hildesheim
Unkraut und Weizen
Lied: Solang es Menschen gibt auf Erden, GL 425, Str. 1-3
Gebet
Herr Jesus Christus, die Schwachen in der Gesellschaft brauchen Verständnis und Unterstützung. Herr, erbarme dich!
Wer die Macht hat, regiert nicht immer gerecht und milde. Christus, erbarme dich!
Das Reich Gottes erscheint manchmal so fern und außerhalb unseres Einflusses. Herr, erbarme dich!
In den Lesungen des heutigen Tages ist von Stärke und Schwachheit die Rede:
Weish 12, 13.16-19
Im Buch der Weisheit wird ein scheinbarer Gegensatz aufgezeigt: Der starke Gott zeigt sich durch seine Milde; er übt seine Herrschaft aus, indem er Nachsicht zeigt.
Psalm 86, 1-13
Röm 8, 26-27
Paulus verdeutlicht im Brief an die Gemeinde in Rom, dass Gott für die Schwachen eintritt.
Ebenso tröstlich ist die Botschaft des heutigen Evangeliums nach Matthäus: Das Reich Gottes wird wachsen, auch wenn es Gegenkräfte gibt.
Mt 13, 24-43
Unkraut und Weizen, Senfkorn, Sauerteig. Gemeinsam haben diese Gleichnisse, dass ihre Bilder aus der Lebenswelt der Zuhörerschaft stammen: Landwirtschaft und Haushalt. Sowohl Männer als auch Frauen können darin etwas finden, das sie kennen und leicht verstehen. Gemeinsam ist den Gleichnissen aber auch, dass sie alle etwas über das Reich Gottes aussagen wollen.
Im ersten Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen stellt Jesus den Menschen vor Augen, dass es zum Wachsen des Gottesreiches Gegenkräfte gibt, Widersacher des Gesandten Gottes. Bemerkenswert finde ich, was in diesem Gleichnis der Gutsherr zu den Knechten sagt, die das Unkraut vernichten wollen: Sie sollen bis zur Erntezeit warten; dann kann das Unkraut herausgerissen und verbrannt werden, bevor der Weizen eingebracht und gelagert wird. Was bedeutet das, wenn wir es auf das Reich Gottes übertragen? – Jesus rät zur Geduld. Und zu einer besonderen Behutsamkeit. Wer im Garten gleich zur Hacke greift, könnte ungewollt auch die frisch gekeimten Blumensamen und die kleinen Gemüsesetzlinge mit vernichten. Erst im Herbst werden sich wertloses Kraut und nützliche Pflanzen unterscheiden und trennen lassen. Auf dem Weg zum Reich Gottes werden den Jünger*innen Menschen begegnen, die ihnen feindlich gesonnen sind, doch Jesus empfiehlt nicht, zum Schwert zu greifen, um sie zu vernichten. Vielleicht ist es ja auch nicht immer so klar, wer Freund und wer Feind ist? Aus der großen Politik kennen wir das auch: Wenn etwas mit Gewalt verteidigt wird, kann auch das Schaden nehmen, was verteidigt werden soll. Sei es ein Land oder seien es Werte.
Jesus empfiehlt Geduld und das Abwarten der Erntezeit. Das erinnert mich an den Satz, dass Gott seine Sonne aufgehen lässt über Gute und Böse und es regnet lässt über Gerechte und Ungerechte (Mt 5,45). Darin spiegelt sich vor allem das Vertrauen darauf, dass Gott selbst es sein wird, der belohnt und bestraft – in Gerechtigkeit.
Das Wachsen des Reiches Gottes ist also nicht etwas ganz Gradliniges, Unstrittiges. Das zu erfahren löste unter den Jünger*innen bestimmt Unsicherheit aus und es ist auch für uns heute nicht so einfach, damit umzugehen. Doch bevor wir entmutigt werden könnten, erzählt Jesus das Gleichnis vom Senfkorn und das vom Sauerteig.
Das Senfkorn ist winzig, doch die Senfstaude gehörte zu den größeren bekannten Gewächsen in Palästina. Das Reich Gottes beginnt ganz unscheinbar, geradezu lächerlich klein. Mit ein paar Anhänger*innen des Jesus von Nazareth, mit Gemeinden, die im etablierten Judentum nicht viel zu melden hatten; im damaligen hellenistischen Weltreich ebenso wenig und im römischen Imperium schon gar nicht. Aber Jesus verheißt seiner Jüngerschaft Wachstum, Verbreitung und vor allem eine wunderbare Wirksamkeit. Wie die Vögel in den Zweigen des Senfbaumes nisten werden, so wird das Reich Gottes eine Heimat sein für alle Menschen, die nach ihm streben.
Eins meiner Lieblingsgleichnisse ist das vom Sauerteig. Ein kleiner Klumpen kann einen ganzen Brotteig durchsäuern. So stelle ich mir das Wirken für Gottes Reich vor; nur so kann der Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und das Heil aller Menschen sein: Es kommt nicht mit Paukenschlag und Fanfaren von einem Tag auf den anderen. Es kommt nicht mit der gewaltsamen Vernichtung aller Feinde der Christenheit. Es kommt aus bescheidenen Anfängen, es kommt allmählich, Schritt für Schritt oder Stufe für Stufe, so wie ein Sauerteig langsam gärt. In unserer Präambel heißt es: „Von Jesus erhoffen wir die Kraft, um an seinem Reich der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens mitzuwirken und weltweit an Strukturen des Friedens mitzuarbeiten.“ An Strukturen des Friedens zu arbeiten, das ist sicherlich wie das Gären eines Sauerteigs. Wir können Ausschau halten nach den kleinen Anfängen, nach der Handvoll Sauerteig im großen Mehltrog. Zum Beispiel die Initiativen wahrnehmen und wertschätzen, die sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen, für den Schutz von Geflüchteten, für die Abwehr radikaler Kräfte, welche die Demokratie angreifen. Wir können Teil des Wachstumsprozesses sein, zu mehr Gerechtigkeit in unserem Land beitragen und zu einem friedlichen Zusammenleben dort, wo wir sind und wo wir Einfluss haben.
Jesus verspricht, dass „die Gerechten im Reich des Vaters wie die Sonne leuchten“. Das ist Zukunftsmusik, ja. Aber wir sind unterwegs dahin!
Fürbittgebet
Lasst uns Gott bitten:
Für alle Menschen, die unter Ungerechtigkeit und Unfrieden leiden. Schenke ihnen Zuversicht und Kraft!
Für alle Menschen, die sich schwach und unbedeutend fühlen. Stelle ihnen Mitmenschen an die Seite, die sie wertschätzen und ermutigen.
Für alle Menschen, die Unrecht getan haben und sich vor harten Urteilen fürchten. Hilf ihnen, dass sie zu ihrem Tun stehen können und Verständnis erfahren.
Für alle Menschen, denen es nicht gut geht, ob wegen einer Krankheit, Not oder Einsamkeit. Stärke sie mit dem Vertrauen, dass du an ihrer Seite bist.
Für alle Menschen, die uns im Glauben und in der Friedensarbeit vorangegangen sind. Wir denken besonders an … Schenke ihnen das Heil in deinem Reich, auf das sie gehofft haben.
Lied: Herr, unser Gott, wie bist du zugegen, GL 414
Segen
Der Vater schenke uns seine Liebe. Der Sohn erfülle uns mit seinem Leben. Der Heilige Geist stärke uns mit seiner Kraft. Und der Segen des einen Gottes komme auf uns herab und bleibe allezeit bei uns, der Segen des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes. Amen.
Lied: Solang es Menschen gibt auf Erden, GL 425, Str. 4-5